Hanna

Guten Tag

Meine Schwangerschaft verlief vom Wohlbefinden für mich wie in einem Bilderbuch. Mir ging es blendend und ich konnte meine SS in vollen Zügen genießen. Nicht ein einziges Mal war mir schlecht, geschweige denn hatte ich sonst welche Problemchen. Bei den Vorsorgeuntersuchungen hat eigentlich immer alles gepasst. Wir haben die Nackenfaltenmessung und das Organscreening gemacht. Alles in Ordnung. Ab ca. der 27, SSW hieß es, Hanna wäre für die SSW ein bisschen klein, aber kein Grund zur Sorge, da ich selber gerade mal 1,60 cm groß bin und vor der SS 46 kg wog. Also war mir und den Ärzten klar, dass ich kein 4 kg Kind bekommen werde. Ab diesem Zeitpunkt jedoch wurde auch festgestellt dass die Versorgung über die Nabelschnur nicht optimal verläuft, aber noch kein Problem für Hanna darstellt. Einmal war es besser, dann wieder nicht so gut. Wir gingen jede Woche zur Kontrolle ins Krankenhaus zum CTG und zur Doppler Kontrolle. Ich habe auch in der 29. SSW die Lungenreifespritze bekommen. Es hieß. falls das Baby doch früher geholt werden muss. Die Ärzte machten mir aber Mut und meinten immer wieder, dass es lediglich zur Vorsorge wäre, und wir abwarten so lang es Hanna gut geht. In der 34. SSW war es dann soweit, und der Arzt meinte, es wäre für Hanna besser, wir würden sie holen, da der Wert bei der Dopplerkontrolle wieder nicht passte und sie vom Gewicht her nicht zulegte. Sie wurde auf nur 1400 g geschätzt. Also wurde der Termin für den Kaiserschnitt vereinbart. Noch in der 34. SSW kam meine Tochter dann am 09.10.2009 zur Welt. Einerseits Angst – andererseits große Vorfreude, endlich mein geliebtes und so ersehntes Kind in Händen zu halten. Obwohl ich wusste, dass sie vorerst höchst wahrscheinlich intensivmedizinische Hilfe benötigen wird. Anscheinend musste es schnell gehen. Um 08:00 Uhr fing die OP an – um 08:12 Uhr war meine Tochter da. Sie wurde jedoch gleich weggebracht und untersucht. Sie musste wiederbelebt werden, wie ich später erfahren habe. Hanna wurde auf die Intensivstation gebracht. Mittag hieß es, sie atmet alleine, was schon eine gute Nachricht war. Am Nachmittag hab ich sie zum ersten Mal sehen können. Es war so schrecklich, da ich sie nicht nehmen durfte – nur ansehn – so winzig und zart war sie. Sie wog 1640 g und hatte 41 cm.

In der Nacht fiel eine Lungenhälfte zusammen, und Hanna wurde in die Kinderklinik Linz überstellt. In der 2. Nacht fiel die 2. Lungenhälfte zusammen. Hanna lag 1 Woche auf der Neonatologie. Dann kam sie auf die Neonatologie Überwachung, schließlich auf die Neugeborenenstation. Wir verbrachten die ersten 5 Wochen ihres Lebens im Krankenhaus. Sie musste erst an Gewicht zunehmen und trinken lernen. Wobei sie das sehr schnell konnte und auch die Ärzte sehr begeistert waren, wie gut es mit dem Stillen gegangen ist. Noch im Krankenhaus erfuhren wir von dem erhöhten Geräusch in der Herzgegend. Daraufhin hatten wir mehrmals Kontrollen und so kamen die Kardiologen auf die Diagnose.

Hanna

Valvuläre Pulmonalstenose. Sie hätte mehrere Verengungen zwischen Lunge und Herz. Eine Untersuchung später erfuhren wir auch von der Verengung an der Aortenklappe. Dann ging alles recht schnell und der Kardiologe meinte, wir sollten sie auf WBS testen. Sie „sähe“ danach aus. Erst dachte ich der spinnt. Meine kleine Hanna sieht doch ganz normal aus, wie jedes normale Baby auch. Wir ließen ihr also Blut abnehmen und haben 3 lange Wochen auf das Ergebnis gewartet. Als wir den positiven Befund erfuhren, wusste ich erst nicht recht was das nun bedeutet. Ich hab mich viel im Internet schlau gemacht, wobei viel übertrieben ist, da es nicht viel über diese Krankheit zu finden gibt. Dank Ihrer Homepage konnte ich mich doch etwas informieren – wusste aber dennoch nicht was auf uns zukam. Die Ärzte selber meinten, die Entwicklung wäre bei jedem Kind verschieden und man könne jetzt noch gar nicht sagen wie es bei Hanna werden würde. Nach einem Gespräch mit dem Leiter der Humangenetik wussten wir im Endeffekt auch nicht viel mehr. Mein Partner und ich haben uns testen lassen, ob der Gendefekt durch uns vererbt oder neu entstanden ist. Nach neuerlichen Warten, kam der Befund, dass es bei Hanna ein Neu entstandener Gendefekt ist.

Wir haben uns relativ schnell mit dem Gedanken abgefunden und haben auch die Möglichkeit der Frühförderung genutzt. Das Erstgespräch hatten wir bereits und wollten auch demnächst damit anfangen. Wir waren alle 2 Wochen zur Kontrolle im Krankenhaus zum Herzultraschall – es hieß, es wäre noch keine akute Belastung für sie, eine Kontrolle reicht und die Möglichkeit, die Engstellen mittels Herzkatheter zu dehnen käme erst in Frage sobald Hanna 3 kg hätte. Vorher wollten sie es noch „vermeiden". Da es eben hieß es wäre noch keine Belastung. Meine kleine Hanna hat sehr schnell viel zugenommen. Sie hat immer sehr viel getrunken und schnell reichte es nicht mehr zu stillen, ich fing an mit PRE Zusatznahrung. Ich muss dazu sagen, dass es Hanna sehr viel leichter gefallen ist, aus dem Fläschchen zu trinken, beim Stillen musste sie sich oft so anstrengen dass sie an der Stirn anfing zu schwitzen. Gegen Mitte Jänner wog sie 3500 g und so hieß es leider dann auch, dass jetzt der Herzkathetereingriff gemacht werden sollte. Die Kardiologen waren sich zwar erst nicht schlüssig, ob nicht gleich eine Operation sinnvoller wäre, da die Verengung an der Aortenklappe ohnehin nur durch eine OP gemacht werden konnte. Es wurde mit dem Herzchirurgen abgesprochen, schlussendlich aber festgelegt – es wird der Eingriff mittels Herzkatheter gemacht, da über den Ultraschall nicht gesehen werden kann, wie lang und wie schwerwiegend die Verengungen tatsächlich sind.

Wir hatten am 25.01. den Termin im Krankenhaus. Es wurden alle Untersuchungen gemacht. Der Eingriff sollte zuerst am 26.01. gemacht werden, da aber kein Bett auf der Intensivstation frei war, wurde verschoben auf 27.01. Um 08:00 Uhr ging es los. Ich brachte meine Tochter runter und es hieß, der Eingriff würde insgesamt ca. 2 Stunden dauern. Ich hab gewartet und gewartet. 3 Stunden vergingen. Endlich kam der Anruf vom Arzt, welcher den Eingriff gemacht hat. Es hieß es ist gut, dass sie es jetzt gemacht haben, es hätte sie sehr schlimm erwischt mit den Gefäßen. Die Engstellen waren ziemlich viel und eng und auch Verengungen, die über den Ultraschall nicht gesehen werden konnten, wurden jetzt sichtbar. Es hieß, sie haben die Engstellen gedehnt, eine Operation bliebe aber in den nächsten Wochen nicht aus. Einerseits war ich erleichtert, dass jetzt endlich der erste Eingriff überstanden ist, andererseits hatte ich jetzt schon Angst vor der Operation. Der Arzt sagte, sie käme jetzt in den Aufwachraum – wo ich schon gewartet habe. Als ich meine kleine Hanna sah, viel mir erst alles runter, sie weinte bitterlich und es sah aus, als wenn sie schlimme Schmerzen hätte. Sie ließ sich nicht beruhigen, kein Schnuller half, keine Berührung – keine Umarmung. Erst musste sie noch unter der Wärmedecke bleiben, da die Durchblutung noch nicht ganz ok war und sie noch ganz kalte Füsschen hatte. Dann bekam ich sie aber endlich raus. Sie ließ sich immer noch nicht beruhigen. Es hat mir das Herz zerrissen, sie so leiden zu sehen. Ich fühlte mich so hilflos. Ich wollte sie trösten, probierte es mit einem Fläschchen – nichts half – sie war so arm und hat nur geweint. Die Ärztin meinte es wäre normal, sie ist von der Narkose noch nicht bei ihr, und findet nicht richtig in ihren Körper und in den Schlaf hinein. Plötzlich machte sie ganz komische Geräusche, mir lief es kalt den Rücken runter, dann wurde sie blau im Gesicht. Ich schrie um Hilfe, die Ärzte kamen, rissen sie mir aus den Händen, und rüttelten an ihr. Ich wurde hinausgeschickt, ich wusste nicht wie mir geschieht. Es war der furchtbarste Moment und der hielt an. Ich saß draußen und musste warten und warten und warten… 75 Minuten lang versuchten die Ärzte meine kleine Hanna zu reanimieren – doch sie hat es nicht geschafft. Ihr kleines Herz hörte auf zu schlagen, und sie wollte nicht mehr zurückgeholt werden. Es war der schlimmste Tag in meinen Leben.

Warum das geschehen musste frag ich mich bis jetzt und diese Frage werde ich mich ein Leben lang fragen. Was ist passiert, warum musste das geschehen, war ihr die Narkose zuviel, war es der Eingriff selber, war es doch viel schlimmer als man mir gesagt hat? Fragen über Fragen und man kommt auf kein Ergebnis. Der Arzt meinte, es wäre bei Hanna’s Gefäßen, wie bei einem alten Menschen, nahe an einem Schlaganfall. Ein kleines Fieber oder Durchfall hätte gereicht und es hätte schon viel früher passieren können. Wie kann das sein, bei meinem Baby? Ich versteh das nicht. Alles nur wegen den Gefäßverengungen aufgrund des Syndroms – nie dachte ich, dass es so schlimm sein könnte, es war doch „nur“ ein Routineeingriff, hieß es, und keine Belastung für sie. Hanna war so ein süßes, zufriedenes Baby. Sie hat zwar viel geschlafen, und jetzt im nachhinein denk ich mir, vielleicht hat sie deshalb soviel geschlafen, weil sie im Schlaf vielleicht keine Schmerzen hatte. Ich konnte ihr stundenlang dabei zusehen. Wenn sie munter war, sah sie mich immer ganz interessiert an und es war oft, als wollte sie schon richtig mit mir plaudern. Das eine und andere Lächeln hat sie uns auch schon geschenkt, und es ging jedes Mal die Sonne auf wenn man sie ansah. Hanna liebte ihren Schnuller, ohne den ging es oft gar nicht, und sie liebte es wenn ich ihre Füße massiert habe. Da wurde sie so ruhig und hat es sehr genossen. Andere Berührungen mochte sie nicht so sehr, überhaupt das ausziehen und wickeln war Anfangs schwierig, aber das legte sich langsam. Hanna war das Beste und Schönste, was mir geschenkt wurde. Sie gab mir und allen, die sie kennengelernt hat, soviel Kraft und vor allem Liebe. Leider wurde sie mir viel zu früh wieder genommen.110 Tage durften wir sie bei uns haben. 110 Tage, und ich hab sie jeden Tag mehr geliebt. Ich hätte mich auf ein Leben mit ihr so sehr gefreut. Hanna war unser aller Sonnenschein und wird für immer in unseren Herzen bleiben.Ich vermisse sie jeden Tag immer mehr!! Ich habe mich entschlossen über Hanna zu schreiben, da ich selber immer nur von der Seite des Syndroms gelesen habe, wie sich die Kinder entwickeln. Dass sie allesamt besondere und sehr starke Persönlichkeiten sind, und das sind sie! Die aber durch die gemeinsame Hilfe und bedingungslose Liebe der Eltern und Verwandten ihren Weg meistern. Dass es zwar nicht leicht ist, mit dem Syndrom umzugehen, durch die Möglichkeit der Förderung aber gute Erfolge zu erzielen sind. Ich war mir deshalb durchaus bewusst, dass es nicht leicht wird, es aber auf alle Fälle geht und habe mich immer an das Positive geklammert, wie man das ja auch tun soll.Ich habe nie gelesen, dass es jedoch auch die tragische und traurige Seite des Syndroms gibt, die mit dem Tod endet. Und ich denke, dass das Schicksal meiner Tochter Hanna doch kein Einzelfall ist.

 

Verfasser: anonym Name der Redaktion bekannt    Zuletzt aktualisiert: März 2018